Die Komfortzone verlassen

Die Komfortzone verlassen

socialmentoring: Foto mit dem Ende der Komfortzone

von Wolfgang Scharl,
Mentor socialmentoring 2016/17, 24.Juli 17.

Die meisten Führungstrainings bauen auf Theorie und gespielten Situationen auf. Bei socialmentoring sind es jedoch keine gespielten, fiktiven Situationen, sondern reale Menschen mit teilweise existenziellen Problemsituationen, und das hat durchaus auch manch schlaflose Nacht bereitet. Die begleitenden Supervisionstage bringen jedoch eine Menge wertvoller Selbsterkenntnisse, sie sind sehr intensiv und besonders die Einzel-Coachings sind sehr effizient.

„Wenn sie sich darauf einlassen, führt das Programm Führungskräfte notwendigerweise aus ihrer Komfortzone heraus.“

Man findet die Mentees in anderen Lebenssituationen vor, als man es von KollegInnen oder MitarbeiterInnen aus dem Berufsleben gewöhnt ist. Klassische Führungsstile funktionieren in der Zusammenarbeit zwischen MentorIn und Mentee nicht, da es keine hierarchischen oder autoritären Abhängigkeiten gibt.

Die Grenzen des Führens

In diesem Programm konnte ich mehr oder weniger spielerisch die Möglichkeiten, aber auch die Grenzen des Führens durch kreative Fragen ausloten und musste (wieder einmal) wertschätzend akzeptieren, dass mein Gegenüber für sich eigene Entscheidungen trifft, die auf „meiner Landkarte“, aus meiner Perspektive falsch erscheinen. Diese Grundhaltung des Perspektivenwechsels ist inzwischen ein hilfreicher Bestandteil meines Agierens sowohl im beruflichen als auch im privaten Umfeld geworden.
Die Metapher der unterschiedlichen Landkarten, auf denen die Menschen agieren, ist für mich
ein neues Element im Zugang zu Menschen geworden.

Wolfgang Scharl ist Leiter der Abteilung II/2 im Bundesministerium für Bildung und hat von Oktober 2016 bis Mai 2017 am socialmentoring-Führungskräftetraining teilgenommen.

Worin unterscheidet sich socialmentoring von klassischem Mentoring?

Worin unterscheidet sich socialmentoring von klassischem Mentoring?

socialmentoring, das gesellschaftsverantwortliche Leadership Training, ist als Trainingsprogramm für die Führungskraft und gleichzeitig als berufliche Fördermaßnahme für Menschen in schwieriger Erwerbssituation konzipiert. Es beruht auf dem Mentoring-Prinzip, ist aber dennoch kein klassisches Mentoring-Programm. Die wesentlichen Unterschiede liegen in der Zielsetzung, in der Methodik und im Endergebnis.

Unterschiede in der Zielsetzung

Im Unterschied zum klassischen Mentoring, das – v.a. im Business Kontext – das Ziel der persönlichen Karriereentwicklung des Mentees verfolgt und der/die MentorIn eher die Rolle eines/einer BeraterIn einnimmt, ist das Ziel von socialmentoring das persönliche Wachstum von MentorIn UND Mentee in einer gegenseitigen Trainingspartnerschaft:

  • Für die Führungskraft ist das Ziel die höhere Wirksamkeit im Führen.
  • Für den/die Mentee ist das Ziel, einen guten Weg zum existenzsichernden Job zu beschreiten.

Wie geht das zusammen?

Der/die MentorIn hat die Aufgabe, den/die Mentee aus einer prekären wirtschaftlichen Lage zu einer existenzsichernden Berufssituation zu begleiten. Im Lichte dieser Zielsetzung ist der/die MentorIn gefordert, zunächst eine wertschätzende Beziehung auf Augenhöhe aufzubauen und im Verlauf des weiteren Programms die Arbeitsbeziehung durch Höhen und Tiefen zu managen.

Gleichzeitig arbeiten die MentorInnen aktiv an Ihrer eigenen Weiterentwicklung. Dieses besondere Trainingsumfeld – außerhalb der Komfortzone! – stellt die TeilnehmerInnen vor die Herausforderung, die eigenen Beziehungs- und Sozialkompetenzen zu überprüfen und mit Unterstützung von ExpertInnen weiterzuentwickeln.

Der/die MentorIn ist über den Ablauf des Prozesses gefordert, situativ mit unterschiedlichen Rollen zu führen, Coach, Berater, Begleiter – oder manchmal auch schlicht nur empathischer Zuhörer, und übt sich in konstruktiver und kreativer Zusammenarbeit in einer nicht-hierarchischen Beziehung.

Unterschiede in der Methodik 

Der wesentliche Unterschied zu klassischen Mentoring-Programmen besteht darin, dass bei socialmentoring beide Lernprozesse – jener der MentorInnen wie auch jener der Mentees – intensiv von ExpertInnen begleitet werden.

Am Beginn steht die Unterstützung des Beziehungsaufbaus. MentorIn und Mentee sollen sich möglichst von Anbeginn auf Augenhöhe begegnen. Gleichzeitig durchlaufen MentorInnen und Mentees zum Programmstart – jeweils separat – in den Impuls-Workshops die für das Programm notwendigen Trainingseinheiten. Im Anschluss daran ist seitens MentorInnen Learning by Doing angesagt, das durch gezielte Interventionen gefördert wird.

Welche unterstützenden Interventionen gibt es für MentorInnen?

Prinzipiell wird autonom und erfahrungsorientiert gelernt: Die spezielle Führungssituation zeigt jeder Führungskraft die individuellen Herausforderungen auf. Die begleitenden ExpertInnen helfen, diese Herausforderungen nachhaltig in Erkenntnisse und Kompetenzen zu transformieren. Unterstützende Maßnahmen sind:

  • aktives Führen eines „Lerntagebuchs“
  • Supervisionen
  • Einzelcoachings
  • Learning by Peers / kollegiale Fallberatung
  • Lerntransfer in die eigene Berufspraxis

Welche Begleitung gibt es für Mentees?

Mentees werden doppelt begleitet: Die MentorInnen agieren 14-täglich als Coach, die socialmentoring-TrainerInnen leiten mehrere Workshops mit folgenden Inhalten:

  • Stärken- und Potenzialreflexion
  • Selbstmarketing
  • Bewerbungstraining
  • Coaching für Jobsuch-Strategien
  • Netzwerk-Aufbau
  • Mentaltraining
  • Erfahrungsaustausch- und Reflexionsrunden

Unterschiede im Endergebnis

Im Unterschied zu klassischen Mentoring-Programmen profitieren in socialmentoring mehrere Seiten gleichzeitig:

  • Personen in schwieriger finanzieller Situation lernen, sich auf ihre Stärken und Potenziale zu fokussieren, und werden auf ihrem Weg zur existenzsichernden Jobposition gestärkt.
  • Führungskräfte stärken ihre sozialen und Beziehungskompetenzen, erfahren Sinn, Freude und Befriedigung in ihrer Hilfe für andere Personen und verbessern ihre Wirksamkeit.

Erst durch Beziehungskompetenz werden Führungskräfte nachhaltig wirksam!

  • Unternehmen stärken ihre Führungskultur und sorgen so für Innovation und Wachstum. Außerdem leisten sie einen Beitrag zu sozialer Nachhaltigkeit, was letztlich auch die Gesellschaft zum Profiteur macht.

 

socialmentoring ist ein sozial orientiertes Unternehmen mit dem Ziel, Leadership auf innovative und gesellschaftlich nachhaltige Weise zu fördern. Es leistet einen aktiven Beitrag zur Minderung der Armutsgefährdung in Österreich. Und es fördert die Kooperation zwischen Unternehmen und Gesellschaft zu beiderseitigem Nutzen.

 

 

 

 

Führung ist Beziehung

Führung ist Beziehung

Das Interview wurde im April 2017 für den Wiener Leadership Kongress von Karin Weigl geführt. Hier die Wiedergabe in der ungekürzten Originalfassung.

Mit seinem Leadership-Programm socialmentoring setzt Gerhard Lechner neue Impulse in der Führungskräfteentwicklung. ManagerInnen aus Wirtschaftsunternehmen und öffentlicher Verwaltung begleiten dabei sozial benachteiligte Menschen als MentorInnen. Der Kern dieser Weiterbildung für Führungskräfte ist das Fokussieren auf Beziehungsfähigkeit und Menschenbild.

Wir haben Gerhard Lechner getroffen und ihn gefragt, was dieses Programm von anderen unterscheidet.

Wie kommt man auf die Idee ein Führungskräfteprogramm zu konzipieren, dass sich auch um sozial benachteiligte Menschen kümmert?

Ich wollte als Unternehmer etwas sozial Sinnvolles auf die Beine stellen – nämlich Menschen unterstützen, die’s nicht so gut getroffen haben.
Meine damalige Erkenntnis, dass in einem so reichen Land wie Österreich etwa 1,5 Millionen Menschen in Armutsgefährdung leben, brachte mich auf die Idee, ein System auf die Beine zu stellen, wo Menschen per Hilfe zur Selbsthilfe zu einem existenzsichernden Job geführt werden. Und dieses „Führen“ war für mich die Brücke zu Führungskräften.

Auf der anderen Seite gab’s da noch meine eigenen Erfahrungen als Manager und das Wissen um die Schwachstellen vieler Führungskräfte, die oft gut in Management Skills ausgebildet sind, aber nicht in Beziehungskompetenz. Und somit war mir klar, dass dies die Basis für ein Modell darstellt, das in Form einer gegenseitigen Trainingspartnerschaft beide Seiten weiterentwickelt: wenn eine Führungskraft mit einem finanziell benachteiligten Menschen in einem mehrmonatigen Trainingsprogramm zusammenarbeitet, hat dies für beide Seite enorme Vorteile: Die Führungskraft erweitert ihre Beziehungskompetenzen, sie wird wirksamer im Führen. Die wirtschaftlich benachteiligte Person kommt zu einem selbsterhaltungsfähigen Leben.

Worum geht es bei socialmentoring?

Grundidee und wesentlicher Unterschied zu den vielen möglichen Formen bekannter Leadership Trainings sind 2 Prinzipien:

  1. Die Verfeinerung von Beziehungskompetenz in der Praxis: Grundidee von socialmentoring ist Learning by Doing in geschützter Umgebung mit ExpertInnenbegleitung.
  2. Die Führungskraft trainiert außerhalb ihres Organisationssystems mit einer betriebsfremden Person. Sie kann sich daher öffnen. Einschränkungen durch festgefahrene Beziehungskonstellationen fallen weg. Und es wird das Probehandeln neuer Verhaltensweisen möglich, ohne unerwünschte Interventionen im eigenen Teamgefüge zu riskieren. Die Reflexion des eigenen Handelns und Verhaltens führt zu Erkenntnissen, die als erweiterte Beziehungs- und Führungskompetenzen ins eigene Organisationsystem zurückfließen. Die Begleitung durch Expertinnen und Experten garantiert dabei den geschützten Rahmen.

Warum wird das Gestalten von Beziehungen für die Führungsarbeit in Zukunft ein noch wichtigerer Bestandteil sein, als bisher?

„Führung ist Beziehung.“

Neben der schlichten Feststellung, dass bereits heute mangelhafte Sozial- und Beziehungskompetenz Führung oft ineffektiv sein lässt, stellen v.a. aufkommende Veränderungen Führung vor neue Herausforderungen. Digitalisierung, Globalisierung, ein zunehmend volatiles Umfeld und ein verändertes Bild v.a. jüngerer Menschen, unter welchen Rahmenbedingungen gelungene und sinnstiftende Arbeit stattfinden soll, verändern die Arbeitswelt in entscheidender Form.
Viele Unternehmen sind gerade dabei, das Industriezeitalter mit seiner hierarchischen Einteilung der Belegschaft in Manager und Arbeiter zu verlassen. Die klassische Pyramiden-Organisation des „Command and Control“ mag zuvor sinnvoll und effizient gewesen sein. Doch die heutigen Herausforderungen der Wirtschaftswelt bedingen neue Formen der Unternehmensorganisation und Führung.

Seit einigen Jahren kommen zunehmend mehr erfolgreiche Modelle der Arbeitsorganisation und Führung auf, die entweder flache Hierarchien oder selbstorganisierte eigenständige Einheiten haben, die ihren Unternehmenszweck selbst verantwortlich erfüllen. Die autoritäre Führung wird hier durch einen kooperativen Führungsstil ersetzt, die Einzelentscheidung des Chefs weicht intelligenten Gruppenprozessen mit gemeinsamen Entscheidungen. Co-Kreativität, Flexibilität und sinnerfüllende Arbeit sind die Leitlinien.

Über Unternehmensgrenzen hinaus wird dies noch sichtbarer: effiziente Produktions- und Lieferprozessketten bedingen zunehmend der intelligenten Kooperation von MitarbeiterInnen mehrerer Unternehmen, wo die hierarchische Autorität noch weniger greifen kann und durch die persönliche Autorität von Führungspersonen ersetzt werden muss.

Neben Begeisterungsfähigkeit und Engagement ist die wichtigste Voraussetzung für diese Art des Führens die Beziehungskompetenz.
Produktive Beziehungen aufzubauen erfordert die Fähigkeit der Empathie, der Wertschätzung, der kommunikativen Kompetenz, des Vertrauens, der Authentizität, der Klarheit, der Konfliktfähigkeit.

Beziehungskompetenz gibt der Führungskraft die Fähigkeit, positive, professionelle Beziehungen zu einzelnen MitarbeiterInnen aufzubauen, die Bedürfnisse und Probleme einzelner MitarbeiterInnen zu verstehen und zu beachten und – soweit möglich – darauf einzugehen. Beziehungskompetenz ist die Voraussetzung für Partizipation der MitarbeiterInnen. Die Einbindung der MitarbeiterInnen fördert nicht nur deren Motivation, sondern bietet v.a. die schöpferische Chance der Co-Kreation.

Beziehungskompetenz ist die Grundlage wertschätzender, professioneller Führung. Vor allem fachlich hoch qualifizierten Führungskräften fehlt oftmals die nötige Empathie, MitarbeiterInnen auf Dauer engagiert und motiviert einzubinden. Deren Bedürfnisse und Interessenlagen einzubeziehen, ist die eine Kernfähigkeit von Führung und somit ein wesentlicher Faktor für die Innovationsfähigkeit von Unternehmen.

Conclusio: Wirksame Führungskräfte beherrschen nicht nur Management Skills. Wirksamkeit im Führen entsteht erst durch das Gestalten produktiver Beziehungen.

Von welchen persönlichen Erkenntnissen haben TeilnehmerInnen – Mentoren und Mentees – im Zuge des Programms berichtet?

Die Führungskräfte bringen – z.B. aus MitarbeiterInnen-Gesprächen mit ihrer/n Vorgesetzten – eigene Entwicklungsziele mit. Darüber hinaus erkennen sie im Laufe der 8-monatigen intensiven Zusammenarbeit mit den Mentees weitere persönliche Herausforderungen in Beziehungsfragen. Diese werden in Supervisionen, Einzel-Coachings und kollegialer Fallberatung reflektiert.

Die Evaluation des Gelernten erfolgt durch das permanent mitgeführte sogenannte „Lerntagebuch“. Die Führungskräfte dokumentieren ihre Einsichten aus der Reflexion. Viele Erkenntnisse sind dabei mehrfach beobachtbar, beispielsweise, dass

  • das Training ein gutes Übungsfeld dafür bietet, Potenziale anderer zu erkennen und sie in Können und letztlich Resultate überzuführen
  • Empathie zu trainieren bedeutet, dass man sich über die eigenen Erfahrungen hinaus öffnen muss für die Andersartigkeit des Gegenübers
  • Vertrauen aufbauen nur auf Basis von Authentizität und Ehrlichkeit geht – und Zeit braucht!
  • Augenhöhe nicht von vornherein da ist, sondern erst erarbeitet werden muss: Zuhören, Hinschauen, Kennen- und verstehen Lernen des anderen ist ein Muss vor der Beurteilung einer konkreten Situation
  • man Potenziale, die das Gegenüber mitbringt, tendenziell unterschätzt
  • die Anwendung von Coaching-Instrumenten in der Führung (beispielsweise offene Fragen zu stellen) enorm wirksam sein kann, um schlummernde Potenziale des Partners aufzuwecken
  • es nicht nur wichtig ist, laufend Feedback zu geben, sondern sich auch aktiv Feedback einzuholen
  • es der gemeinsamen Arbeitsfähigkeit hilft, sich auch auf der Meta-Ebene über die Beziehung auszutauschen
  • die Ressourcen des Gegenübers nur dann einen konstruktiven Beitrag leisten, wenn sie gestärkt werden und nicht durch Zweifel untergraben werden
  • es angesichts der möglichen Schwere der Situation des Gegenübers sehr lehrreich ist, die eigene Grenze zwischen Mitgefühl und Mitleid zu erkennen; und dabei angesichts eigener Betroffenheit nicht die Handlungsfähigkeit zu verlieren
  • die Selbstreflexion dazu hilft, den eigenen Anteil an einer Situation zu sehen, anstatt nur das Verhalten des Gegenübers ändern zu wollen
  • die kollegiale Fallberatung auch über das Training hinaus eine wertvolle Hilfestellung bietet, eigene Herausforderungen unter verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten.

Mentees berichten v.a. darüber, dass

  • sie größere Klarheit gewinnen über ihre Stärken und Kompetenzen
  • sie ihre beruflichen Zielsetzungen wesentlich präziser formulieren können
  • ihr Selbstvertrauen merklich gestiegen ist als Folge ihrer positiven Erlebnisse während des Prozesses
  • sie nun in der Lage sind, sich selbst besser zu vermarkten, weil sie gelernt haben, ihre Fähigkeiten und vergangenen Erfolge klar darzustellen
  • sie in ersten durchgeführten Bewerbungsprozessen wichtige Erfahrungen gesammelt haben
  • sie die Bedeutung eines eigenen Beziehungsnetzwerks erkannt haben und dass Beziehungen aufbauen nicht nur Nehmen, sondern v.a. auch Geben bedeutet.

In einzelnen Fällen gelang es Mentees bereits während des Programms, ihren Wunschjob zu erhalten. In anderen Fällen haben sich Mentees zu einer Form der Professionalität entwickelt, die sie in die Lage versetzte, selbstständig ihre Weiterentwicklung voranzutreiben.
Interessant war auch das Beispiel einer Mentee, die erst durch den Wechsel zu ihrem vermeintlichen Wunschjob erkannte, dass ihr vorheriger Job Qualitäten bot, die sie davor nicht sah – und sie deshalb in ihren alten Job (unter etwas verbesserten Rahmenbedingungen) zurückkehrte.

Was ist die Mission von socialmentoring?

Wir glauben daran, dass Organisationen/Unternehmen mehr und mehr ihre Gestaltungskraft für das Wohl aller Menschen nutzen. Folglich glauben wir, dass sich der Social-Impact-Gedanke immer stärker in der DNA von Organisationen verankern wird.

Wir sehen, dass neue Modelle von Struktur, Führung und sozialer Kompetenz in unserer komplexen Welt gefragt sind: Flexibilität, Selbstverantwortung, intelligente Gruppenprozesse und kooperative Führungsstile prägen die neue Arbeitswelt der Mitverantwortung.
Erfolgreiche Organisationen/Unternehmen sorgen daher für entsprechende Kompetenzen bei Führungskraft und MitarbeiterIn.

Diese Veränderung gemeinsam mit Organisationen/Unternehmen zu gestalten, ist unser Ziel.

Und wir tun das auf Basis unserer Mission:
Führungs- und Beziehungskompetenzen auf nachhaltigen Wegen trainieren. Armutsgefährdung reduzieren. Mit Unternehmensmodellen Brücken bauen zwischen Organisationen und Gesellschaft. Zum beiderseitigen Nutzen.

Case Study: Lernerfahrungen der Führungskräfte

Case Study: Lernerfahrungen der Führungskräfte

Vom 17. Oktober 2013 bis 3. Juli 2014 lief der erste offene Trainingsprogramm-Durchgang von socialmentoring als Proof-of-Concept. Mit der hier vorliegenden Auswertung werden exemplarisch Lernerfahrungen aus Sicht der teilnehmenden Manager und Managerinnen beschrieben.

An diesem Trainingsdurchgang nahmen 6 unterschiedliche Unternehmen mit je einem/r TrainingsteilnehmerIn teil, davon waren 5 Personen in ihrem Unternehmen bereits als Führungskräfte tätig. 1 Teilnehmer war männlich, 5 Teilnehmerinnen weiblich. Die Gruppe der Mentees bestand zum Großteil aus Alleinerziehenden, eine Mentee hatte Migrationshintergrund.

Die persönlichen Lernerfahrungen wurden in Form von Interviews während des abschließenden Lerntransfer-Workshops erhoben und in 3 verschiedenen Kategorien abgebildet:

  • Lernerfahrungen als Führungskraft
  • Lernerfahrungen als Person
  • Lernerfahrungen als Veränderungsimpulse für das eigene Unternehmen

Nachfolgend finden Sie eine Zusammenstellung der von den TeilnehmerInnen reflektierten und in Interviewform gesammelten Lernerfahrungen.

Lernerfahrungen als Führungskraft

  • Selbstreflexion: die eigenen Herausforderungen in der Zusammenarbeit unter die Lupe nehmen und nicht nur darauf fokussieren, welche Hürden mein Gegenüber zu nehmen hat
  • Die Beziehung auch auf der Metaebene zur Sprache bringen: Wie geht’s uns in unserer Zusammenarbeit?
  • Hilfreiche Ressourcen meines Gegenübers stützen anstatt ihn dadurch zu frustrieren, dass ich nicht an die Erreichbarkeit seiner Ziele glaube
  • Mein Gegenüber in seiner Lebenssituation und mit seinen Bedürfnissen durch empathisches Zuhören anerkennen und wertschätzen, erzeugt eine gemeinsame Ausgangsbasis für unsere Zusammenarbeit.
  • Die Erfahrung, dass man Potenziale, die eine Person mitbringt, tendenziell unterschätzt
  • Ein gutes Übungsfeld dafür, vorhandene Potenziale zu erkennen und sie in Können und letztlich in Resultate überzuführen
  • Beim Führen ohne hierarchische Macht ist man gefordert, die nötige Akzeptanz zu erreichen, damit man dem anderen helfen kann, seine Ziele in gegebener Zeit zu erreichen
  • Coaching-Techniken sind sehr hilfreich, wenn auf Augenhöhe geführt werden soll
  • In diesem Lernumfeld verschärft sich das Verständnis von Führung gerade deshalb, weil einige typische Aspekte von Führung fehlen
  • die enorme Bedeutung des Selbstwerts und der Selbstwirksamkeitserwartung des Mitarbeiters (Mentees) für beruflichen Erfolg / Misserfolg
  • die Motivationswirkung, als Führungskraft Optimismus / Hoffnung zu vermitteln, dass „es gehen kann“
  • Selbstbefähigung des/der MitarbeiterIn weiterentwickeln: Erkennen des Unterschieds zwischen Steuern einer Person und Loslassen
  • wertschätzende Begleitung bewirkt persönliches und berufliches Wachstum
  • eine (junge) Führungskraft kann lernen, wie viel Verantwortung man hat/ bekommt, wenn man sich auf jemand andern einlässt; die „Unentrinnbarkeit“ aus Arbeitsanforderungen und Lebenszielen
  • Bedeutung von Feedback inkl. dem innewohnenden Frustrationspotenzial
  • sich abgrenzen können: Differenzierung zwischen Beteiligtsein und Betroffensein
  • Zusammenhang und Einfluss privates Leben mit / auf beruflichen Werdegang der MitarbeiterIn
  • Struktur schaffen um Ziele besser zu erreichen: kleine Schritte / Ziele unterbrechen eine gefühlte Stagnation und führen damit zu Fortschritt -> damit kann der Erfolg besser wahrgenommen werden
  • verbesserbarer Umgang mit Fehlern: seine Richtung wieder zu ändern / Entscheidungen zu revidieren ist ok!
  • Geduld aufbringen für die Entwicklung eines scheinbar unstrukturierten Prozesses in einen strukturierten
  • Erkenntnis, dass durch gegenseitige Wertschätzung die persönliche Werteperformance profitiert
  • Durch Feedback die Unterschiede zwischen Eigenbild und Fremdbild erkennen
  • Spielregeln der Zusammenarbeit von Anfang an klar kommunizieren und vereinbaren: wie ticke ich, wie tickst du und wie stellen wir uns eine Zusammenarbeit vor
  • Hierarchien sind immer da, auch wenn ein Unternehmen freundschaftlich geführt ist
  • Es liegt in der Verantwortung des/r MitarbeiterIn, ob er/sie seine/ihre Ziele erreicht und wie er/sie das macht
  • Stärken bewusst machen und den MitarbeiterInnen wertschätzend und differenziert rückmelden
  • Akzeptanz eigener Begrenztheit: dadurch, dass ein Mentee ohne Positionsmacht geführt wird, wird aus ihrem Fehlen gleichzeitig klar, welche Kraft hinter ihr steckt
  • Die enorme Wirkung von Coaching-Instrumenten (offene Fragen …) im Führungskontext
  • Prozesskompetenz und Reflexionskompetenz: bewusstes Wahrnehmen von personalen und sozialen Prozessen
  • Rollenbewusstsein: sich den Unterschied bewusst machen, wann man welche Rolle innehat (Mentor, Berater, Coach)
  • Ressourcenorientierung: man tendiert dazu, die Potenziale von Personen zu unterschätzen
  • Vorurteile: Offenheit und Zutrauen ist nötig; Ablegen von Vorverurteilungen; eigene Vorstellungen zurücknehmen und den anderen in seinen Stärken wahrnehmen und einsetzen

Lernerfahrungen als Person

  • auch „geschehen lassen“ kann eine geeignete Intervention sein
  • Wirkung von Autoritäten und Erwartungshaltung an Autoritäten auf eine Person
  • Abgrenzung und der Umgang mit Nähe / Distanz
  • Wie sehr sich transgenerationale Familienthemen/ Aspekte auf den Berufskontext, auf den beruflichen Erfolg / Misserfolg auswirken können
  • Bilder von beruflichem Erfolg werden auch von Familienmythen geprägt (konkreter Fall Holocaust)
  • Im Arbeitsleben auch „Nein“ sagen zu müssen, selbstbestimmt zu agieren und sich abzugrenzen
  • eine scheinbar aussichtslose Sache ist nie aussichtslos
  • Frustration ist immer eine Chance für neue strategische Überlegungen
  • es ist gut auf seine Intuition zu hören
  • Veränderung der Perspektive kann ein klareres Verständnis der Situation bringen
  • Bedeutung von Selbstreflexion und aktivem Zuhören
  • was ich selbst als „normal“ bzw. selbstverständlich wahrnehme, hat für jemand anderen eine völlig andere Wertung
  • Bedeutung von Querdenken: mich bewusst der Meinung von jemand anderen aussetzen, der mich nicht kennt
  • Offenes Ansprechen auch des Selbstzweifels
  • Bewusstes Heraustreten aus dem Hamsterrad, um auf Kraftreserven langfristig bauen zu können
  • Geduld! Bewusst zwischendurch innehalten und das schon Erreichte erkennen

Impulse fürs Unternehmen

  • MitarbeiterInnen-Zufriedenheit als Scorecard-Kriterium aufnehmen
  • Über mehrere Ebenen verzahnte Feedbacksysteme etablieren
  • Breitflächiges Fördern von Diversity-Kompetenz (Diversität birgt Chancen!)
  • Familienfreundlichkeit im Unternehmen fördern
  • Umgangskultur für schwierige Lebenslagen von Mitarbeitern entwickeln
  • Betriebliche Sozialarbeit ernst nehmen:
    • Antwortversuch, wie man als Unternehmen „anständig“ unter „unanständigen Bedingungen“ umgehen kann
    • Dadurch auch höhere Ausschöpfung vorhandener Potenziale möglich
  • Führung kann auch ohne Hierarchie funktionieren: Diversität der Führung, Laterale Führung
  • Feiern von Erfolgen! auch auf vermeintlich Selbstverständliches bewusst hinschauen
  • Jeder schafft sich seine Realität selbst: Realität liegt im subjektiven Auge des Betrachters
  • regelmäßige Reflexionsrunden im Team installieren
  • Fehlerkultur etablieren – Angst vor Fehlern nehmen
  • Rollenklarheit im Führungsleitbild: Coach, Berater, Mentor
  • Mehr Zeit für das gemeinsame Besprechen von MitarbeiterInnen-Situationen im Führungsteam

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